Diskussion des Rechenschaftsberichts des Pr?sidiums im Akademischen Senat
Vorwort vom 3. Juni 2008
Rechenschaftsberichte, verehrte Mitglieder des Konzils unserer Universit?t, müssen nicht erl?utert werden – aber gestatten Sie mir an drei Punkten mündliche Erg?nzungen eines Textes, der weitgehend einem vorgegebenen Schema folgt und insofern die Ereignisse des vergangenen Jahres nur in Ausschnitten widerspiegelt.
Eine erste Erg?nzung: Wir sind im vergangenen Jahr deutlich internationaler geworden, ein einziges Beispiel dafür: Am letzten Freitag traf sich anl??lich des Besuches des türkischen Au?enministers in Berlin die Ernst-Reuter-Initiative, die Dialog und Verst?ndigung zwischen den Kulturen in Deutschland und der Türkei f?rdern m?chte. Die Humboldt-Universit?t ist Gründungsmitglied dieser Initiative, die der deutsche und der türkische Au?enminister im September 2006 ins Leben gerufen haben, und leistet zugleich einen zentralen Beitrag für die Initiative. Wir haben n?mlich gemeinsam mit der Middle East Technical University in Ankara den ersten deutsch-türkischen Masterstudiengang gegründet, das ?German-Turkish Masters Program in Social Sciences“ – und ich m?chte heute besonders Herrn Kollegen Glae?ner für alle Mühe und Arbeit sehr herzlich danken. Dieses Master-Studiumprogramm besch?ftigt sich sowohl mit der Politik und Gesellschaft beider L?nder als auch mit der europ?ischen Integration, den europ?ischen Institutionen und der deutschen und türkischen Europapolitik. Die besondere St?rke des Studienganges, der auf ein Doppeldiplom führt, ist der binationale, interkulturelle Blickwinkel; zu den Pflichtveranstaltungen geh?rt ein dreimonatiges Praktikum im ?ffentlichen Dienst, bei einer internationalen Organisation, bei einem Unternehmen oder im Journalismus. Dadurch sollen die Studierenden praktische Erfahrungen in der deutsch-türkischen Zusammenarbeit sammeln. Die jungen Akademikerinnen und Akademiker studieren ein Jahr in Ankara und ein Jahr an der Humboldt-Universit?t zu Berlin. Zentrale Lehrveranstaltungen werden von Professorinnen und Professoren beider 三亿体育·(中国)官方网站n gemeinsam unterrichtet. Das Programm startete im Wintersemester 2007/2008 mit einer internationalen Auswahl junger Akademikerinnen und Akademiker, nicht nur aus Deutschland und der Türkei, sondern auch aus den Vereinigten Staaten, Ru?land und ?gypten. Wir waren uns beim Treffen der Ernst-Reuter-Initiative am vergangenen Freitag darüber vollkommen einig, da? die Kapazit?t dieses spannenden Studiengangs eher ausgeweitet werden sollte, er durch weitere universit?re Kooperationen mit türkischen Einrichtungen erg?nzt werden sollte und wir verst?rkt auch hier in Berlin unter Schülern mit türkischen Migrationshintergrund nach begabten Studierenden suchen sollten – entsprechende Initiativen sind in Vorbereitung. Ich schlie?e meine erste Erg?nzung zum schriftlichen Rechenschaftsbericht des Pr?sidiums mit der Bemerkung, da? die Universit?t durch solche Projekte wie den türkisch-deutschen Masterstudiengang im vergangenen Jahr deutlich internationaler geworden ist, aber noch deutlich internationaler werden mu?, auch in ihrer Schülerarbeit.
Eine zweite Erg?nzung: Wir konnten im vergangenen Jahr trotz der seit langem ?u?erst beengten finanziellen Spielr?ume einige F?cher, die in Forschung wie Lehre bereits Herausragendes leisten, noch besser ausstatten und somit international noch wettbewerbsf?higer machen. Auch hier beschr?nke ich mich auf zwei kurze Beispiele. W?hrend man im Feuilleton immer wieder lesen kann, da? die Wissenschaftsgeschichte in Deutschland allerorten abgebaut wird und einen langsamen Tod des Dahinsiechens stirbt, ist in Berlin in Wahrheit ein gro?es Zentrum der Wissenschaftsgeschichte entstanden. Ich meine nicht nur das vielen von Ihnen bekannte Max-Planck-Institut, nein, unsere Professur für Wissenschaftsgeschichte, von Rüdiger vom Bruch mit nachhaltiger Wirkung in der ganzen Universit?t versehen, wird im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit der Max-Planck-Gesellschaft um eine Nachwuchsgruppe erg?nzt, die sich insbesondere um die Wissens- und Wissenschaftsgeschichte der Naturwissenschaften kümmert und um eine Juniorprofessur, die die Wissens- und Wissenschaftsgeschichte der Humanwissenschaften erforscht. Zur klassischen Professur, zur Nachwuchsgruppe und der Juniorprofessur kommen aber nun eine weitere Professur aus Mitteln des Exzellenzclusters Topoi und die vielf?ltigen einschl?gigen Initiativen bei den Altertumswissenschaften, Kulturwissenschaften, in der Philosophie und der Sozialwissenschaft. So ist, wenn das recht sehe, die Humboldt-Universit?t dabei, zu einem Zentrum der Wissensgeschichte, Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftsforschung und Wissenschaftstheorie zu werden, das nicht nur bundesweit seinesgleichen sucht. Und ich nenne, damit ich nicht in Verdacht komme, nur für die eigene F?chergruppe zu sprechen, einmal nicht die Lebenswissenschaften, um die man sich nun wirklich keine Sorgen zu machen braucht, sondern den Campus Adlershof. Die Brückenprofessur zwischen Mathematik und Physik, die wir jüngst im Akademischen Senat beschlossen haben, ist nur ein Baustein dazu, die Lücken zwischen den F?chern zu schlie?en und neue Kooperationen zwischen den klassischen Disziplinen zu erm?glichen, die den verschwimmenden Grenzen an dieser Stelle Rechung tragen. Au?erdem k?nnen alle diese neuen Professuren, Juniorprofessuren und Nachwuchsgruppen auch als Bausteine für Integrative Forschungsinstitute dienen und ein Stück weit substituieren, was wir in der ersten Runde des Exzellenzwettbewerbs noch nicht erhalten haben. Auch für diese zweite Erg?nzung zum schriftlichen Rechenschaftsbericht des Pr?sidiums gilt, was ich bei der ersten bemerkt habe: Die Universit?t hat durch solche Neueinrichtungen wie die mit der Max-Planck-Gesellschaft verabredete auf dem Campus Mitte und in Adlershof im vergangenen Jahr ihre Profilierung ebenso nachdrücklich wie nachhaltig fortgesetzt, aber sie mu? diesen Weg auch in den kommenden Jahren energisch weitergehen, um in allen ihren Kernbereichen Forschung wie Lehre auf h?chsten Niveau und in wünschenswerter Breite anbieten zu k?nnen.
Eine dritte und letzte Erg?nzung: Sie haben, verehrte Mitglieder des Konzils, nicht nur einen Rechenschaftsbericht vorgelegt bekommen, wie es die Verfassung verlangt, sondern auch ein Programm des Pr?sidiums. Nun, da das Pr?sidium endlich wieder über vier gew?hlte Mitglieder verfügt – Herr Eveslage und ich uns nicht immer gegenseitig vertreten müssen, wofür ich freilich herzlich danke –, haben uns viele, auch ?ffentlich nach unseren Pl?nen gefragt: Was plant denn das Pr?sidium? Oder, wie es jüngst im Senat hie?: ?Was haben Sie denn auf Ihrer Klausurtagung besprochen“. Eben dies, was dort geschrieben steht. Und Sie ahnen, da? auch das Zusammenstellen eines Rechenschaftsberichtes eine gute Gelegenheit ist zu bilanzieren, was schon gelungen ist und was noch erreicht werden mu?. Was schon gelungen ist, haben wir im Rechenschaftsbericht notiert, was noch oder jedenfalls energisch weiter zu tun ist, haben wir in den dreizehn Punkten eines Programms unter dem Titel: ?Das moderne Original – Humboldt ins einundzwanzigste Jahrhundert übersetzen“ zusammengestellt. Dieses Programm wird in den n?chsten Tagen und Wochen überall verbreitet, damit deutlich ist, wofür wir vier in den kommenden Jahren stehen und werben werden. Unsere Arbeitsgruppen, die seit dem Frühjahr mit viel Engagement arbeiten, haben zu vielen der dreizehn Punkte schon selbst gearbeitet – ich nenne als Beispiel nur die engagierte inhaltliche Profilierung von ?Integrativen Forschungsinstituten“ an den jeweiligen Standorten der Universit?t. Die Diskussion in den Arbeitsgruppen hat uns Mut gemacht, unsere eigene Kraft dafür einzusetzen, da? diese leidenschaftliche Planungsarbeit vieler Kolleginnen und Kollegen nicht vergeblich war, sondern wir ?Integrative Forschungsinstitute gründen“, wie es in These fünf des Programms hei?t. Auch diese dritte Erg?nzung kann ich abschlie?en wie die vorangehenden: Einiges ist schon erreicht, Anderes mu? noch erledigt werden.
In den vergangenen Tagen haben mich zwei gro?e Wissenschaftsvereinigungen dieses Landes gefragt, ob sie gemeinsam mit uns den zweihundertfünfzigsten Geburtstag Alexander von Humboldts im n?chsten Jahr feiern k?nnten. Alexander von Humboldt war bis auf den heutigen Tag unser prominentester Gaststudent, er h?rte gleichzeitig Vorlesungen in der ?gyptologie und in der Chemie, so wünschen wir uns bis auf den heutigen Tag unsere Studierenden, neugierig, jenseits starrer Disziplinengrenzen und weltoffen. Alexander von Humboldt war aber zugleich bis auf den heutigen Tag unser prominentester Professor, ein S-Professor, bezahlt von der Akademie der Wissenschaften, mit Hunderten von H?rern aus allen Schichten, als er Ergebnisse seiner Forschung in den Kosmos-Vorlesungen der ganzen Stadt weitervermittelte. So wünschen wir uns bis auf den heutigen Tag unsere Lehrenden: h?chst engagiert, zum p?dagogischen Experiment aufgelegt und ohne jeden Abstrich beim wissenschaftlichen Niveau. Von solchen Idealen, wie sie Alexander von Humboldt verk?rpert, lassen wir auch angesichts dramatischer finanzieller Herausforderungen im Lande Berlin nicht; einiges haben wir dafür im vergangenen Jahr getan, vieles andere bleibt in den kommenden Jahren zu tun. Ich danke Ihnen – dafür, da? und mit welchem Engagement Sie im vergangenen Jahr dem Pr?sidium geholfen haben und natürlich auch dafür, da? Sie mir so geduldig zugeh?rt haben.
Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Pr?sident der Humboldt-Universit?t