Humboldt-Universit?t zu Berlin

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Ansprache für die Absolventen der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult?t

Als ich, liebe Absolventinnen und Absolventen, vor nunmehr fast zwanzig Jahren mein Examen abgelegt hatte, war alles anders. Es gab kein Absolventenphoto, vielmehr erkl?rte der Oberkirchenrat, der bei theologischen Examina die Interessen der Kirche in der Universit?t vertritt: ?Wir sind hier niederhessisch reformiert, hier wird nicht photographiert“ – Sie wissen vielleicht auch als kluge Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, da? die Reformierten ein strenges Bilderverbot kennen und haben an dieser Fakult?t gelernt, da? solche religi?sen ?berzeugungen nicht nur bei Max Weber eine ?konomische Dimension haben. Eine Examensfeier gab es schon gleich gar nicht, wir Examinierten versuchten auf freiwilliger Basis am Abend, Karten für eine Aufführung der West-Side-Story zu bekommen und die Aufführung war herzlich schlecht, ebenso wie die Pizza hinterher. Ein veritabler Gesch?ftsführer hat natürlich auch nicht gesprochen und das Examenszeugnis gab es per Post. Die Umw?lzungen der sp?ten sechziger und frühen siebziger Jahre hatten der deutschen Universit?t alle Feierlichkeit genommen und sie – an einigen Orten im buchst?blichen Sinne – zu einer grauen, bürokratischen Betonwüste der Gremienuniversit?t umgestaltet. Für meine letzten Tage an der Universit?t galt: ?Nehmt Abschied, Brüder, ungewi? ist alle Wiederkehr“.

Ihr Abschied ist ein g?nzlich anderer. Ihre muntere Fakult?t feiert Ihre Erfolge, ein Festredner führt Ihnen vor, was man mit einem solchen Studium alles im Leben anstellen kann – und ihr Pr?sident ermuntert Sie, Ihrer Universit?t verbunden zu bleiben. Das meine ich ganz ernst. Ich habe an den Universit?ten Marburg, München und Tübingen studiert, dazu an der Hebr?ischen Universit?t in Jerusalem. Da ich in Tübingen graduiert wurde, von der dortigen Theologischen Fakult?t promoviert und habilitiert. Tübingen verdanke ich viel, kluges Fachwissen, aber auch methodische Fertigkeiten und allerlei gute Freundschaften. Gern wandere ich über die Neckarbrücke und gern treffe ich meine inzwischen alt gewordenen, aber immer noch anregenden akademischen Lehrer. Natürlich wurde ich, als man auch in Tübingen einen alumni-Verein einrichtete, dessen Mitglied. ?hnliches gilt für Jerusalem, von der diesbezüglichen Arbeit der Hebrew University k?nnen wir viel lernen. Die Humboldt-Universit?t hat zwar viele Freunde, aber nicht jeder Alumnus, der hier bis 1989 studierte, schaut mit Freude auf die Entwicklung seiner Universit?t nach der Wende zurück. Um so mehr sind wir darauf angewiesen, da? Sie uns ein wenig von dem zurückgeben, was Sie hier empfangen haben: Rat und Tat, Ihre Erfahrungen aus der Praxis der Wirtschaft – oder wo auch immer Sie arbeiten werden –, damit wir für die Praxis relevantes Wissen vermitteln und, warum leugnen, natürlich auch ihr Geld, damit wir das Geb?ude der Fakult?t und nicht nur dieses jubil?umsfein bekommen. Bleiben Sie der Humboldt-Universit?t nicht nur mit Ihren Erinnerungen verbunden, wir brauchen, um eine gute Universit?t zu bleiben und eine bessere zu werden, Ihren Rat, Ihre Tat.

Das erw?hnte Lied über den Abschied und die Wiederkehr, der ungewi? ist, pa?te auf meine Situation als frisch Examinierter, pa?t glücklicherweise nicht auf Ihre Situation: Ihre Zukunft liegt, da bin ich sicher, nicht in der Finsternis. Sondern im Licht eines hoffentlich bevorstehenden ?konomischen Aufschwungs, den Sie als ?konomen bef?rdern und gestalten müssen, damit der graue Nebel der Resignation aus diesem Land weicht. Und so macht Ihnen der Abschied hoffentlich nicht das Herz schwer, sondern macht es leicht, heiter: Ich gratuliere Ihnen zu Ihren Diplomen, ich beglückwünsche Sie, da? Sie an dieser feinen Fakult?t ausgebildet worden sind und wünsche Ihnen alles erdenklich Gute für den beruflichen Weg, den Sie nun einschlagen k?nnen – oder, wie ich die ?konomen kenne – l?ngst eingeschlagen haben und am Montag fast schon ein wenig ungeduldig antreten werden. Bleiben Sie uns verbunden, wir sind es Ihnen!