Humboldt-Universit?t zu Berlin

Begrü?ung der G?ste der HUG-Mitgliederversammlung

11. Juni 2008

?Reden ist Schweigen, Silber ist Gold“ – so lautet, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitglieder unserer Humboldt-Universit?ts-Gesellschaft, nur eine der unz?hligen Varianten eines Sprichwortes, das angesichts der ungeheueren Wortfülle unserer Tage seltsam anachronistisch wirkt. Das n?mliche Sprichwort gibt es natürlich auch in zahllosen Fremdsprachen – Speech is silver, but silence is golden, oder, vielleicht am Sch?nsten, japanisch: iwanuga hana, Schweigen ist eine Blume. Eine knappe Minute weist mir der überaus pr?zise Ablaufplan für unsere heutige Jahresmitgliederversammlung für ein Gru?wort zu und diese eine Minute habe ich l?ngst schon überschritten, ja, ich überschreite sie mit jedem Wort weiter, das ich noch rede. Schweigen ist also scheinbar auch jetzt Gold und nach dem ?Golde dr?ngt, am Golde h?ngt, doch alles“. Aber, meine Damen und Herren, wie hei?t es im biblischen Buch der Sprüche so sch?n: ?Weisheit erwerben ist besser als Gold und Einsicht erwerben edler als Silber“ (16,16). Vermutlich reden wir deswegen, der Weisheit und Einsicht wegen, an Universit?ten ja auch in einem Fort und schweigen nicht – reden auch heute, in dieser Mitgliederversammlung, zu der ich sie alle sehr herzlich begrü?en darf.

Bevor ich aber, wie es jener erw?hnte, überaus pünktliche Ablaufplan vorsieht, stille schweige und das Wort an den stellvertretenden Vorsitzenden unser Universit?tsgesellschaft, an unseren Kuratoriumsvorsitzenden Günter Stock weitergebe, m?chte ich wenigstens noch einen Satz Par?miologie, zu Deutsch: Sprichw?rterkunde, betreiben. Wir würdigen heute die acht Jahre, in denen Hartwig Piepenbrock Vorsitzender unserer Humboldt-Universit?tsgesellschaft war – und sp?testens jetzt verstehen mindestens alle, die ihn n?her kennen, warum mein Gru?wort best?ndig ein Sprichwort variiert: Schweigen ist Reden. Oder so ?hnlich. Dazu bald mehr. Und wir werden das gro?e Vergnügen haben, den Inhaber des Lehrstuhls für ?ffentliches Recht und Rechtsphilosophie dieser Alma mater nicht etwa über jene Gebiete sprechen zu h?ren, beispielsweise über die Grundrechte, die zu lehren und zu beforschen seines Amtes ist – nein, Bernhard Schlink wird über eine jüngere Phase deutscher Geschichte sprechen, in der h?chst umstritten war, wie diese Grundrechte angemessen verteidigt werden.

Gibt es ein Grundrecht eines Auditoriums auf das Ende von Gru?worten? Ich bin, verehrte Damen und Herren, nach zweieinhalb Jahren Pr?sidentschaft dieser Universit?t ebenso felsenfest davon überzeugt, da? es ein solches Grundrecht gibt – Schweigen ist Gold –, wie ich befürchte, da? jenes Grundrecht zu den schwer vernachl?ssigten Feldern der Grundrechtswissenschaft geh?rt. Denn nur allzuoft wird gegen dieses Grundrecht versto?en. Heute nicht. Bitte, lieber Herr Stock.


Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Pr?sident der Humboldt-Universit?t