Gru?wort für Reinhard Grunwald
Anl?sslich der Verabschiedung des Generalsekret?rs der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Dr. Reinhard Grunwald, am 3. September 2007
Was erwarten die Mitglieder der Deutschen Forschungsgemeinschaft, für die heute zu sprechen ich die Ehre und Freude habe, eigentlich von einem Generalsekret?r? Sie erwarten, kurz gesagt, da? sich nichts, aber auch gar nichts ?ndert. Sie erwarten, da? trotz einer best?ndig steigenden Menge von Antr?gen und Antragsverfahren die Verwaltung in der Kennedyallee schnell, ger?uschlos und vor allem objektiv arbeitet – oder sagen wir ehrlicher: kritisch objektiv im Blick auf fremde Antr?ge, wohlwollend objektiv im Blick auf die eigenen arbeitet. Und zugleich gilt natürlich das Gegenteil: Die Mitgliederinstitutionen und ihre Wissenschaftlerinnen wie Wissenschaftler erwarten, da? sich angesichts einer best?ndig steigenden Menge von Antr?gen alles ?ndert. Wir erwarten, da? die Verwaltung in der Kennedyallee noch schneller und vor allem noch objektiver arbeitet – meint: noch kritischer im Blick auf fremde Antr?ge, noch wohlwollender im Blick auf eigene arbeitet. Obwohl das natürlich niemand sagt, erwarten wir alle alles vom Generalsekret?r: da? sich alles ?ndert und doch alles so bleibt, wie es war. Ich k?nnte es mir einfach machen und einen Satz variieren, den Herr Grunwald vor einiger Zeit einmal im bayerischen Rundfunk gesagt hat: Die Erwartungen der Mitglieder an einen Generalsekret?r der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind eine ?Contradictio in adjecto, also ein Widerspruch in sich“. Und um so bemerkenswerter ist es, wenn beim Abschied nach so vielen Jahren festgehalten werden kann, da? da ein Generalsekret?r diese vielen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen hat. Bemerkenswert ist das schon deswegen, weil wir ja alle bei Nikolaus von Kues gelernt haben, da? die Coincidentia oppositorum, die Aufhebung der Contradictio in adjecto, eigentlich ein Ph?nomen der Unendlichkeit ist. Vertr?ge von Generalsekret?ren der DFG sind, wie Herr Grunwald auch einmal im Bayerischen Rundfunk gesagt hat, zwar unbefristet, aber doch nicht unendlich. Und elf Jahre sind gewi? eine lange Zeit, aber noch nicht die Unendlichkeit. Trotzdem k?nnen wir heute dankbar festhalten, da? in elf Jahren – immerhin eine halbe Ewigkeit – trotzdem schon die gegens?tzlichen Erwartungen zugleich erfüllt worden sind: Es ist alles gleich geblieben und hat sich doch alles ge?ndert. Es wird weiter auf gewohnt hohem Niveau schnell, ger?uschlos und objektiv gearbeitet und doch in vielen neuen Verfahren noch schneller und jedenfalls nicht weniger objektiv.
Wenn sich schon nach einer halben Ewigkeit die Parallelen schneiden und die Gegens?tze zusammenfallen, fragt sich mindestens ein Theologe im Pr?sidentenamt einer Universit?t, warum dieses Wunder m?glich wurde. Mir scheint, da? Reinhard Grunwald auf diese Frage selbst Antwort gegeben hat, diesmal nicht im Bayerischen Rundfunk, sondern mit einem Aufsatztitel: ?Des langen Atems Nützlichkeit“. Der Aufsatz ist wie sein Autor, ebenso pr?zise geschrieben wie vergnüglich zu lesen. Und zugleich eine wunderbare Charakterisierung – schon der Titel ?Des langen Atems Nützlichkeit“ enth?lt das Credo des ganz gewi? nicht kurzatmigen scheidenden Generalsekret?rs der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Gerade weil er zu den Figuren geh?rt, die in einer Sitzung nur wenig sagen müssen, lange überhaupt nichts sagen und mit wenigen Worten doch das Entscheidende sagen, hat er in den vergangenen elf Jahren ma?geblich mit dazu beigetragen, Struktur, Umfang und Nachhaltigkeit der deutschen Wissenschaftsf?rderung tiefgreifend zu verbessern – das wissen wir alle und so kann ich an dieser Stelle knapp bleiben. Wenn man sich klarmacht, da? Grunwald nicht nur Georg Christoph Lichtenberg zitieren, sondern auch über Berberaffenkolonien handeln kann, verwundert es nicht, da? die DFG unter seiner ?gide eine Fülle von neuen F?rderma?nahmen für Jung und Alt, Geistes- und Naturwissenschaft, Mainstreamforscher und Querdenkinnen neu aufgelegt hat – freilich mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der F?rderung früher Selbst?ndigkeit des?Nachwuchses, wie der zweitjüngste deutsche Universit?tspr?sident mit einer gewissen Genugtuung vermerkt. Und wenn einer schon in den frühen siebziger Jahren ganz selbstverst?ndlich nach Berkeley geht, um dort die Meister des internationalen Privatrechts zu h?ren, die er in Deutschland nicht gefunden hat, dann ist es wenig verwunderlich, da? unter seiner ?gide die internationalen 三亿体育·(中国)官方网站e der DFG so entschlossen ausgebaut worden sind und mancher deutsche Universit?tspr?sident ebenso dezent wie effizient auf die Bedeutung von engen Kooperationen mit chinesischen Universit?ten hingewiesen wurde.
Lieber Herr Grunwald, eine besondere Contradictio in adjecto, eine bemerkenswerte coincidentia oppositorum ist, da? Sie ein wunderbarer Generalsekret?r der Deutschen Forschungsgemeinschaft waren, obwohl Sie h?tten auch etwas ganz anderes tun k?nnen. Ihr Herz geh?rt der Wissenschaft, aber Sie haben ihre Leidenschaft im Laufe des Lebens sehr unterschiedlichen Institutionen mit stets demselben Engagement geschenkt, suaviter – oder bester: modeste – in modo, sed fortiter in re. Weil das so ist, braucht man sich um die kommenden Jahre gar keine Sorgen zu machen: Bisher h?tten Sie auch etwas ganz anderes tun k?nnen, nun werden Sie etwas ganz anderes tun – und es doch auf dieselbe besondere Weise tun. Contradictio in adjecto, Coincidentia oppositorum – ich drohe mich zu wiederholen und sollte also schlie?en: Lieber Herr Grunwald, die Universit?ten dieses Landes sind Ihnen für Ihren im Auftritt so liebenswürdig bescheidenen und im Effekt so ungeheuer nachhaltigen Einsatz im Amte zu tiefem Dank verpflichtet.
Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Pr?sident der Humboldt-Universit?t