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Landnutzungstrends in Deutschland trotz politischer Ver?nderungen stabil

HU-Geographen an Ver?ffentlichung in der Fachzeitschrift Global Environmental Change beteiligt

Zwei Weltkriege, die Trennung in Ost- und Westdeutschland sowie der EU-Beitritt stellten drastische sozio-?konomische und institutionelle Ver?nderungen in der Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert dar. Ein Forscherteam des Geographischen Instituts der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) fragte gemeinsam mit Kollegen des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformations?konomien (IAMO) und vom Institut für Soziale ?kologie der Alpen-Adria Universit?t Klagenfurt im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes: ?Welchen Einfluss hatten diese politischen Umw?lzungen auf die Landnutzung?“. Das in der aktuellen Online-Ausgabe der Global Environmental Change ver?ffentlichte Ergebnis zeigt Erstaunliches: Landnutzungstrends verliefen seit dem sp?ten 19. Jahrhundert überraschend stabil und in Ost- sowie Westdeutschland sehr ?hnlich. Die graduelle Industrialisierung der Landwirtschaft wurde insgesamt kaum durch politische Faktoren beeinflusst.

Landnutzungstrends in Deutschland stabil
Foto: Matthias Heyde

Oftmals führen institutionelle Ver?nderungen, Wirtschaftskrisen und politische Umbrüche zu starken ?nderungen in der Landnutzung. Erwartet hatten die Forscher deshalb, dass sich die zahlreichen Umw?lzungen, welche Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert durchlaufen hat, st?rker widerspiegeln würden. ??berraschenderweise verliefen die deutschlandweiten Landnutzungs?nderungen in den vergangenen 130 Jahren insgesamt sehr stetig“, erkl?rt Tobias Kümmerle, Professor am Geographischen Institut der HU. ?Selbst w?hrend der Trennung Deutschlands in Ost und West sehen wir sehr ?hnliche Landnutzungstrends - trotz der gegens?tzlichen politischen und ?konomischen Paradigmen.“ Zun?chst dominierte in beiden Teilen die Notwendigkeit zur Produktionssteigerung. Seit den 1980er Jahren rückten jedoch die Aspekte der Effizienzsteigerungen und eine Minderung der negativen Umweltfolgen von intensiver Landwirtschaft vermehrt in den Vordergrund von Ost und West. Einziger Einschnitt in der Entwicklung war jedoch die Deutsche Einigung, die nach 1990 zu einem klaren Bruch in den Langzeittrends in Ostdeutschland führte. Hier ist insgesamt eine deutliche Effizienzsteigerung in der ostdeutschen Landwirtschaft zu erkennen.

Als Methode zur Analyse der langzeitlichen Landnutzungsver?nderungen wurde der sozial-?kologische Indikator HANPP (Human Appropriation of Net Primary Production) gew?hlt. Dieser misst, wie viel der j?hrlich durch Pflanzenwachstum potenziell neu gebildeten Biomasse durch Ernte in Land- und Forstwirtschaft sowie durch die Ausdehnung landwirtschaftlicher Fl?chen von Menschen genutzt wird. Die Studie zeigt einen starken Anstieg der Erntemengen zwischen 1883 und 2007, obwohl landwirtschaftliche Fl?chen in Deutschland in dieser Zeit stark abnahmen. Erm?glicht wurden diese Ernteanstiege insbesondere durch h?here Ertr?ge bei gleichzeitig deutlich abnehmenden Ernteverlusten. Obwohl die Biomassenutzung im Untersuchungszeitraum anstieg, fanden die Forscher deshalb insgesamt sogar eine relative Abnahme des Anteils der verfügbaren Biomasse von 75 Prozent auf 62 Prozent im 20. Jahrhundert.

Aus der Sicht des Forscherteams zeigen die Ergebnisse deutlich, dass die Intensivierung von Landnutzung – als Ergebnis der Verfügbarkeit neuer Technologien, des massiven Einsatzes von Düngemitteln und fossiler Energie sowie dem Strukturwandel in l?ndlichen R?umen – als dominanter Trend über den gesamten Untersuchungszeitraum beobachtet werden kann. ?In vielen Teilen der Welt erfolgt Landnutzung momentan auf nicht nachhaltige Weise“, erl?utert Maria Niedertscheider, Erstautorin der Studie und Nachwuchswissenschaftlerin an der Universit?t Klagenfurt. ?Dass die von uns analysierten Landnutzungstrends so resilient gegenüber politischen und institutionellen Ver?nderungen waren, zeigt auch, dass es sehr schwierig sein kann, diese Trends kurzfristig zu ver?ndern.“ Tiefgreifende ?nderungen in Konsummustern, technologischen Rahmenbedingungen und demographischen Strukturen seien in vielen F?llen n?tig, um Transformationen zu nachhaltigeren Landnutzungssystemen zu erreichen.

Originalpublikation

Niedertscheider, M., T. Kuemmerle, D. Müller and K.-H. Erb (2014). "Exploring the effects of drastic institutional and socio-economic changes on land system dynamics in Germany between 1883 and 2007." Global Environmental Change 28: 98-108.

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Tobias Kümmerle
Geographisches Institut
Humboldt-Universit?t zu Berlin

Tel.: 030 2093-9372
tobias.kuemmerle@geo.hu-berlin.de
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